Der Schatzfund am Dachboden der Ottilie
- Sabine Maier
- 1. Okt.
- 3 Min. Lesezeit
Das ist natürlich der Traum jedes Menschen, der mit den Büchern von Enid Blyton aufgewachsen ist: einen Schatz zu finden. Und genau das passierte, als ich unlängst mit meiner Tochter auf den Dachboden gestiegen bin.

Foto: Sabine Maier
Kurze Hausgeschichte der Ottilie
Als ich das Haus in Ottenschlag kaufte, wusste ich, dass es sehr alt war. Die wahre Geschichte und die Bedeutung des Hauses für den Markt Ottenschlag wurde mir aber erst später klar. Langsam begannen sich die Nebel der Vergangenheit zu lichten – und dann fanden wir als Überraschung eine Kiste mit alten Fotos und Unterlagen auf dem Dachboden.
Schloss Ottenschlag und die Ottilie
Früher gehörte das Haus zum Schloss Ottenschlag. Das festungsartige Schloss, das bis heute am Anfang des Oberen Marktes steht, wurde schon vor dem 13. Jahrhundert gebaut. Im Jahr 1523 wurde die Anlage grundlegend umgebaut – und in dieser Zeit wurde auch das Haus der Ottilie errichtet. Da das Schloss früher von einem Wassergraben umgeben war und das Schlosstor sowie die Zugbrücke genau gegenüber der Ottilie lagen, kann man annehmen, dass das Schloss früher nur über mein Haus betreten werden konnte.

Foto: Alte Postkarte von Schloss Ottenschlag und Ottilie
Familie Riether, die First Family von Ottenschlag
Als der Wassergraben um das Schloss nicht mehr benötigt wurde, wurde er zugeschüttet und das Haus der Ottilie wurde verkauft. Erstanden wurde das Haus von dem 1769 geborenen Handelsmann Johann Riether aus Zwettl, der als erstes im Haus eine Färberei errichtete. Bald folgten die Genehmigung zum Handel mit Salz und Schießpulver, danach kam der Tabakhauptverlag dazu und schließlich das kaiserliche Patent für eine Post- und Fahrstation.

Foto: Sabine Maier
Bürgermeister von Ottenschlag
Sein Sohn Eduard Riether eröffnete im Jahr 1860 ein großes Kaufhaus und wurde Bürgermeister von Ottenschlag. Im Jahr 1870 gründete er die Freiwillige Feuerwehr Ottenschlag und war einer der Hauptinitiatoren der Sparkasse, deren Obmann er gleich bei der Gründung 1870 wurde.
Sein Bruder Franz Riether baute die Poststation Ottenschlag zur größten Poststation des Landes nach Wien aus. Mit 30 Pferden und zehn Kutschen wurden täglich Menschen und Post in die Wachau, nach Wien, nach Zwettl und Richtung Prag befördert. Außerdem war auch er Bürgermeister von Ottenschlag.
Alte Fotos und Dokumente am Dachboden der Ottilie
Was wir in einer komplett verdreckten Schachtel am Dachboden fanden, war auf den ersten Blick gar nicht richtig zu erkennen. Zwischen Stoffresten lagen einige Papiere und eine schöne gläserne Bonbondose aus Pisek. Erst als wir mit der Taschenlampe die Kiste ausleuchteten, wurde klar, dass es sich um Familiefotos und -dokumente handelt. Sie sind alle eindeutig der Familie Riether zuzuordnen – aber bei den meisten Unterlagen wissen wir noch nicht, um wen es sich genau handelt.
Foto: Sabine Maier
Wiener Fotoateliers der kuk Zeit
So gibt es von einer ganzen Reihe an Familienmitgliedern aufwändig fotografierte Portraits, die zwischen 1880 und dem ersten Weltkrieg entstanden sind. Fotografiert wurden alle Personen in Wien. Leider ist auf keinem der Fotos der Name der Porträtierten vermerkt, aber fotografiert wurde im Atelier Pokorny, im Atelier Wecker und im Atelier für moderne Photografie Swatosch am Stubenring.
Familienforschung und Archiv
Eine Hochzeits Anzeige aus dem Jahr 1905 (Laura Binder und der K. K. Gerichtsadjuntant Oskar Riether), eine Todesanzeige aus 1899, Notariatsprotokolle und eine große Menge an Postkarten gehören ebenfalls zum Fund.
Und in einem hübschen Jahreskalender der Firma Tschepper Feigenkaffee ist jede freie Seite per Bleistift mit Zahlen und Additionen vollgeschrieben.
Wir werden das alles jetzt einmal sorgfältig reinigen und dann katalogisieren. Da passt es ja gut, dass die Tochter Historikerin ist und ich gerade beim Niederösterreichischen Museumsmanagement einen Lehrgang in Regional- und Familienforschung mache :-)
Ich halte euch jedenfalls auf dem Laufenden!
Foto: Sabine Maier
Text: Sabine Maier
Die Ottilie ist ein Seminarzentrum und eine Ferienwohnung in Ottenschlag im Waldviertel – untergebracht in einem 500 Jahre alten Haus, gegründet von Journalistin und Buchautorin Sabine Maier. Zentrum: www.die-ottilie.at, Ferienwohnung: www.willkommen-ottilie.a












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